Bürgerinitiative
gegen die Erweiterung
des
Mackenheimer Steinbruchs
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Schriftverkehr
mit der
Nachdem man anlässlich der Erörterungstermine erkennen konnte, dass hier von Seiten des Regierungspräsidiums in harmonischem Gleichklang mit der Antragstellerin das Einspruchsverfahren rein formal abgewickelt werden sollte, ganz klar jedoch mit dem Ziel, die rechtskräftige Genehmigung in möglichst kurzer Frist an die Antragstellerin zu übergeben, wendete sich die BiSS an die Umwelt-Kommissarin der Europäischen Union, Margot Wallström:
Bürgerinitiative
gegen die Erweiterung des Mackenheimer Steinbruchs Mackenheim, den 18.04.2004 An Steinbruch-Erweiterung in
Abtsteinach-Mackenheim Sehr
geehrte Frau Wallström, anbei
erhalten Sie einen Auszug aus einem Gutachten zur Umweltverträglichkeit, das im
Rahmen des Genehmigungsantrages nach dem deutschen Bundes-Immissionschutzgesetz
für eine Steinbruch-Erweiterung in Abtsteinach-Mackenheim an die
Genehmigungsbehörde (Regierungspräsidium Darmstadt, Aktenzeichen: IV/Da 43.2 -
53 e 621 – Porphyrwerke (1c)) eingereicht wurde. Aus
diesen Unterlagen geht hervor, dass in dem beantragten Gebiet eine Vielzahl von
nach Anhang IV und Anhang II FFH-Richtlinie streng zu schützenden Tierarten
(Fledermausarten) und sogar vom Aussterben bedrohte Vogelarten leben. Der
Waldbestand enthält mindestens zwei in Deutschland als gefährdet geltende
pflanzensoziologische Gesellschaftstypen (Pruno-Fraxinetum und Luzulo-Fagetum). Das
gesamte vom Gutachten behandelte Gebiet soll nach dem vorliegenden
Genehmigungsantrag einer großflächigen Steinbruch-Erweiterung (7,5 ha) zum
Opfer fallen. Im
Rahmen der Erörterung unserer entsprechenden Einsprüche zu diesem Vorhaben
wurde deutlich, dass die obere Naturschutzbehörde als Genehmigungsinstanz der
Bedrohung dieser prioritären Lebensarten keine besondere Bedeutung zubilligt,
da das betroffene Gebiet nicht als besonderes FFH-Gebiet ausgewiesen ist und da
man mit dem Genehmigungsantrag Ausgleichsmaßnahmen angekündigt hat. Aus
unserer Sicht sind die beschriebenen Ausgleichsmaßnahmen niemals geeignet,
einen Ersatz für den unwiederbringlich zerstörten Lebensraum zu bieten. Nach
allen uns zugängigen Informationen und unseren bisherigen Erfahrungen mit den
beteiligten Behörden müssen wir befürchten, dass im vorliegenden Verfahren
zur Steinbruch-Erweiterung die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin
Priorität vor dem Erhalt der natürlichen Lebensräume bedrohter Tier- und
Pflanzenarten erhalten werden. Wir erlauben uns daher, Sie
um Ihre Unterstützung in unserem Kampf um den Erhalt der natürlichen Lebensräume
für die bedrohten Lebensformen zu bitten. Für
weitere Informationen über das beantragte Vorhaben der Steinbruch-Erweiterung fügen
wir diesem Schreiben ein Exemplar unserer Einwendungen gegen die geplante
Steinbruch-Erweiterung bei. Für
Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung. Mit
freundlichen Grüßen Anlagen:
-
Auszug aus dem Gutachten zur Umweltverträglichkeit
- Einwendungen
nach §10 BimSchG gegen die Steinbruch-Erweiterung
Auf dieses Schreiben erhielt die BiSS folgende Antwort:
Unverzüglich nach Vorliegen des Genehmigungsbescheides richtete die BiSS eine Beschwerde an die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission wegen Verstoßes gegen die Richtlinie 92/43/EWG des Europäischen Rates (FFH-Richtlinie):
Bürgerinitiative
gegen die Erweiterung des Mackenheimer Steinbruchs Mackenheim, den
03.01.2005 An Steinbruch-Erweiterung in
Abtsteinach-Mackenheim, Deutschland Sehr
geehrter Herr Dimas, mit
Schreiben vom 18.04.2004 informierten wir Sie über die Pläne zu einer
Erweiterung eines Steinbruchgeländes im Landschaftsschutzgebiet unseres
Heimatortes Abtsteinach-Mackenheim im südlichen Odenwald (Bundesrepublik
Deutschland). Im
Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem deutschen
Bundes-Immissionsschutz-Gesetz wurden von der Steinbruch-Betreiberin
(Porphyrwerke Weinheim-Schriesheim AG = Tochter der Basalt AG =
Tochterunternehmen des Werhahn-Konzerns) verschiedene Antragsunterlagen
vorgelegt. Aus
einem der vorgelegten Gutachten geht zweifelsfrei hervor, dass in dem Gebiet,
das der Erweiterung des Abbaugeländes zum Opfer fallen soll, eine Vielzahl von
nach Anhang IV und Anhang II der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) streng zu schützenden
Tierarten (Fledermausarten) und sogar vom Aussterben bedrohte Vogelarten leben. Der
bestehende Waldbestand enthält mindestens zwei in Deutschland als gefährdet
geltende pflanzensoziologische Gesellschaftstypen (Pruno-Fraxinetum und
Luzulo-Fagetum) und soll dennoch für die Erweiterung gerodet werden. Eine Kopie dieser Gutachten (Auszüge) sowie unserer diesbezüglichen Einsprüche haben wir Ihnen mit unserem Schreiben vom 18.04.2004 übersandt. Im
Rahmen der vorgeschriebenen öffentlichen Erörterung unserer Einsprüche mit
der Genehmigungsbehörde und der Antragstellerin wurde deutlich, dass die obere
Naturschutzbehörde als Genehmigungsinstanz der Bedrohung dieser prioritären
Lebensarten keine besondere Bedeutung zubilligt. Sie wehrte unsere Einsprüche
ab mit dem Argument, das betroffene Gebiet sei nicht als besonderes FFH-Gebiet
ausgewiesen und man habe im Übrigen entsprechende Ausgleichsmaßnahmen geplant. Aus
unserer Sicht sind die beschriebenen Ausgleichsmaßnahmen niemals geeignet,
einen Ersatz für den unwiederbringlich zerstörten Lebensraum zu bieten. Inzwischen wurde das
Vorhaben der Steinbruch-Erweiterung durch das Regierungspräsidium mit
Genehmigungsbescheid vom 16.11.2004 unter dem Aktenzeichen „IV/Da 43.2 - 53 e
621 – Porphyrwerke (1c)“ genehmigt. Wir erheben hiermit
Beschwerde bei der Europäischen Kommission, Generaldirektion Umwelt, gegen
diesen Genehmigungsbescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt wegen Verstoßes
gegen die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen
Lebensräume der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie). Begründung: Der
Prüfer der Genehmigungsbehörde führt in seinem Genehmigungsbescheid unter
Abschnitt V, 4 und V, 6 aus, dass keine FFH-Verträglichkeitsprüfung
erforderlich sei, da weder im bestehenden, noch im erweiterten Abbaugebiet des
Steinbruchs ein besonderes FFH- oder EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen sei. Inzwischen
sind vielfältige Veröffentlichungen zu diesem Problemkreis verfügbar, die
klar bestätigen, dass die Vorschriften der Artikel 12 und 13 der FFH-Richtlinie
(92/43/EWG) für alle Arten des Anhang IV der Richtlinie gelten, und zwar unabhängig
davon, ob eine der Arten innerhalb oder außerhalb eines angemeldeten
FFH-Gebietes angetroffen wird. Arten
nach Anhang IV der FFH-Richtlinie wurden mehrfach im vorgesehenen
Steinbruch-Erweiterungsgebiet nachgewiesen (z.B. zahlreiche Fledermausarten),
ebenso wurden dort Arten nach Anhang II registriert (z.B. Großes Mausohr). Eine
Beeinträchtigung und absichtliche Störung dieser Arten nach Artikel 12 und 13
der FFH-Richtlinie liegt bei der Verwirklichung der Steinbruch-Erweiterung
innerhalb des nachgewiesenen Verbreitungsgebietes ohne jeden Zweifel vor. Eine
Beeinträchtigung von Anhang IV Arten entgegen den Verboten nach Artikel 12 und
13 der FFH-Richtlinie ist nach Artikel 16 nur zulässig, wenn folgende
Voraussetzungen gegeben sind:
was
für jede Art getrennt zu prüfen ist. Erforderlich
ist die ausdrückliche Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, die bei Gebieten mit
prioritären Arten, wie sie hier zweifelsfrei nachgewiesen wurden, nur unter
zwingenden Gründen von erheblichem Gewicht erfolgen kann. 1.
Eine ernsthafte Prüfung von Alternativen zur beeinträchtigenden Maßnahme
hat bisher nicht stattgefunden, 2.
ein Nachweis, dass die Population der betroffenen nachgewiesenen Anhang
IV Arten trotz der Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand
verbleibt, ist bisher nicht geführt worden und 3.
die aufgeführten Kriterien zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sind
bei dem Projekt einer Steinbruch-Erweiterung in keiner Weise erfüllt. Der
Nachweis eines günstigen Erhaltungszustandes ist im Übrigen auch nicht damit
zu führen, dass z.B. für die im Zuge der Maßnahme getöteten streng zu schützenden
Fledermausarten nachträglich außerhalb ihres Verbreitungsgebietes Nistkästen
aufgestellt werden sollen, wobei man zudem weiß, dass Fledermäuse sich jeder
Form der Umsiedelung entziehen. Der
Nachweis des günstigen Erhaltungszustandes einer Art wäre nur dann vorhanden,
wenn nachgewiesen wäre, dass -
aufgrund der Populationsdynamik dieser Art anzunehmen ist, dass diese Art
ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört,
langfristig weiterhin bilden wird und -
das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in
absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird und -
ein genügend großer Lebensraum vorhanden sein wird, um ein Überleben
der Population dieser Art langfristig zu sichern Solche
Nachweise liegen bisher nicht in gesicherter Form vor. Diese kurze Betrachtung der Europäischen Richtlinien zum Artenschutz, deren Einhaltung auch in Deutschland zwingend erforderlich ist, zeigt bereits klar, dass die Argumentation des Prüfers keinesfalls ausreicht, um weitere Prüfungen, Nachweise und Bewertungen auszuschließen. Zur Einhaltung der Europäischen Richtlinie sind aus unserer Sicht die o.g. Untersuchungen zwingend nachzuholen. Während
des gesamten Verfahrens, das wir nun schon seit mehr als drei Jahren begleiten,
kamen wir mehr und mehr zu der Überzeugung, dass durch die Genehmigungsbehörde
die nach Bundes-Immissionsschutz-Gesetz vorgeschriebene Verfahrensweise rein
formal abgehandelt wurde ohne ernsthafte Beschäftigung mit den sachlichen
Inhalten der vorgebrachten Einwendungen, nur mit dem einzigen Ziel, die rechtskräftige
Genehmigung in möglichst kurzer Frist an die Antragstellerin übegeben zu können.
Die erforderlichen Textpassagen waren dazu seit langem vorgefertigt und wurden
ohne tieferen Einstieg in die sachliche Auseinandersetzung zeitsparend übernommen. Insgesamt
bot sich uns der Eindruck, dass in diesem Verfahren nicht dem Schutz von Natur,
Landschaft und der betroffenen Menschen Priorität eingeräumt wurde, sondern
konsequent den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin für die
Steinbruch-Erweiterung. Wir
bitten Sie mit dieser Beschwerde, alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um
dem Schutz der natürlichen Lebensräume wildlebender Tier- und Pflanzenarten,
im vorliegenden Falle streng zu schützender Arten, wieder die erforderliche
Priorität einzuräumen und die strenge Einhaltung der FFH-Richtlinien des europäischen
Rates sicherzustellen. Für
Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung. In
Erwartung Ihrer geschätzten Antwort Diesem BiSS-Schreiben wurde das komplette Gutachten (Antragsunterlage zur Umweltverträglichkeitsprüfung) u.a. mit der Ermittlung aller vorgefundenen Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinien beigefügt. Auf weitere Nachfrage der EU-Kommission wurden umfangreiche Formblätter und Anträge mit detaillierten Angaben über betroffene, streng zu schützende Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie sowie deren Lebensraum und die befürchteten Konsequenzen ausgefüllt und nach Brüssel übermittelt.
Nach einem Jahr (!) erhielt die BiSS das folgende Antwortschreiben der
EU-Kommission mit der Aussage, dass in den eingereichten Unterlagen Aussagen über Arten nach
Anhang IV der FFH-Richtlinie fehlen würden.
Auch auf dieser Ebene ein weiteres Beispiel für eine einseitige und rein formale Erfüllungsstrategie höchster Instanzen im Sinne der Wirtschaftsunternehmen und im krassen Gegensatz zu den selbst vorgegebenen Zielen.
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